Das Metronom ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Es war ein Sieg der mechanischen über die subjektive Zeit. Früher wurde das Tempo eines Stückes von dem Zeitabstand zwischen zwei Herzschlägen des Musizierenden bestimmt. Da die Zuhörer denselben inneren Takt hatten, empfanden sie den musikalischen Fluss als „natürlich“. Um alte Musik so wiederzugeben, wie sie damals gespielt wurde, sollte man sich also nach dem eigenen Herzen richten, erzählt die Lautespielerin Tsiporah Meiran, um gleich das Problem dabei zu erläutern: Im Durchschnitt betrug der Puls eines Menschen des 16. Jahrhunderts 58 Schläge pro Minute; es sind heute 80 Schläge! Da haben wir ein Gradmesser der vielbesprochenen Beschleunigung. Unser Lebenstempo hat sich auf ein Drittel erhöht. Liefen damals alle in Zeitlupe? Würden sie uns als verkokste Berserker ansehen? Jedenfalls wäre ein nach heutigem Herzschlagtakt gespieltes Stück aus der Renaissance viel schneller als das Original. Andererseits käme uns die getreue Wiedergabe unerträglich hypotonisch vor. Wie ich finde, ist das ein passendes Bild für die unmögliche Suche nach Ursprünglichkeit und Authentizität.
Beauty and the beat
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