Monats-Archiv: Dezember 2013

Abwesenheitsnotiz

Wer hätte das gedacht: Nachdem sie wochenlang getagt hat, um kleine Meinungsunterschiede herauszufinden, damit keiner auf die Idee kommen könnte, wir lebten nun in einem Einparteisystem, fängt die XXL-Koalition mit ganz neuen Tönen an. So erklärt die Arbeitsministerin Nahles der Bild-Zeitung: „Wir müssen Vollzeit neu definieren. Mit dem Anwesenheitswahn muss Schluss sein“. Donnerwetter, das klingt wie eine späte Anerkennung der Glücklichen Arbeitslosen! Sicherlich ist das bloß eine unverbindliche Aussage. Es kostet nichts, „eine neue Arbeitskultur in den Unternehmen“ zu verlangen; keiner Regierung steht zu, sich in die Hausordnung der Privatwirtschaft einzumischen. Außerdem wird die scheinradikale Parole gleich mit einem erbärmlich biederen Beispiel illustriert: “Dann ist es möglich, dass Papa oder Mama auch mal nachmittags nach Hause gehen, wenn sie das Krippenspiel ihres Kindes anschauen wollen.” Welcher Christdemokrat würde sich da nicht gerührt fühlen?

Nichtsdestotrotz: Nutzen wir diese weise Parole, um unser Recht auf Abwesenheit einzufordern! Wir Abgelenkte, Geistesabwesende, Schwänzer, Blaumacher, Zerstreute und Verträumte aller Couleur wurden viel zu lange diskriminiert. Dabei sein ist nicht alles. Nicht bei der Sache sein ist auch eine gute Sache. Wir lassen uns entschuldigen.

 

Auch das Vergessen will gelehrt werden

negram

Sowjetisches Plakat gegen den Analphabetismus

 

Das Schulkind Deutschland atmet auf, sein PISA-Zeugnis ist dieses Jahr besser als bisher angenommen. Klassenbeste ist es freilich nicht geworden, immerhin hat es sich zwei Pluspunkte geholt. Ob diese Leistung gelobt oder als unzureichend getadelt wird, niemals werden die Autorität und die Kriterien des Examinators angefochten. Dabei verfolgt die OECD, Urheberin der Studie, eindeutige Ziele. „Heute versteht es sich von selbst, dass es genauso notwendig ist, Menschen für die Wirtschaft vorzubereiten wie Sachgüter und Maschinen. Das Erziehungswesen steht nun gleichwertig neben Autobahnen, Stahlwerken und Kunstdüngerfabriken.“  Diese poetischen Zeilen stammen aus dem Bericht einer OECD-Konferenz anno 1961. Seitdem wird die klassische Bildung durch die wirtschaftsrelevante „Kompetenz“ methodisch ersetzt. Das heranwachsende „Humankapital“ wird für Konsum und Arbeit formatiert, ohne einmal argwöhnen zu können, dass es außerhalb dieser Sphären auch Wissenswertes gibt.
Indoktrination bedeutet nicht unbedingt die Auferlegung einer totalitären Ideologie. Sie fängt schon mit der Selektion bestimmter Fächer und dem Ausschluss anderer an. Ganz oben auf der PISA-Skala steht natürlich Mathe. Der Homo Oeconomicus muss wohl ständig Rechenaufgaben lösen. Auch ist Lesekompetenz in dem Maße wichtig, wie Informationen verarbeitet und Befehle richtig verstanden werden sollen. Dafür sind Literaturkenntnisse nicht erforderlich. Eine naturwissenschaftliche Grundbildung ist für die Karriere von Vorteil und wird entsprechend unterstützt, eine sozialwissenschaftliche dagegen nicht -von Philosophie nicht einmal zu reden. Ein bisschen Ethikunterricht reicht doch, um den Bürgern von morgen die heilige Trinität von Demokratie, Menschenrechte und Toleranz einzubläuen. In Zeiten der Mobilität behält Geographie einen gewissen Wert; man muss wohl wissen, auf welchem Erdteil sich dieser Flughafen oder jener Lieferant befindet. Hingegen spielen für das Ranking Geschichtskenntnisse gar keine Rolle. Der Grund dafür ist ziemlich offensichtlich. Wer glaubt, in einer fortdauernden Gegenwart zu leben, wird seine Lebensbedingungen fraglos hinnehmen.

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Finde den Unterschied

Im Computer des kleinen Jakobs ist ein Datenchaos eingetreten. Hilf ihm, wiederzufinden, welcher Text zu welcher Quelle gehört.

kind-mit_computer

a) Geheimdienst-Richtlinie 1/76 der Staatssicherheitsdienstes der DDR

b) Die Kunst des Reformierens, Bertelsmann Stiftung, Beiträge für eine gestaltungsfähige Politik 3/2009

TEXT 1:

 Ein geschickter Partizipationsstil zeichnet sich dadurch aus, dass flexible und neue Formen der Inklusion das Widerstandspotenzial großer Interessengruppen und (Teilen) der Opposition aufzubrechen versuchen. Reformen können so konzipiert werden, dass sie manche Interessengruppen begünstigen und andere benachteiligen, um so eine potenziell geschlossene Abwehrfront zu verhindern. (…) Durch eine selektive Partizipation können Vetospieler in ihrer Kohärenz geschwächt, sozusagen ‘gesplittet’, und die Protestfähigkeit bestimmter Interessengruppen gemindert werden.

 TEXT 2 :

 Maßnahmen der Zersetzung sind auf das Hervorrufen sowie die Ausnutzung und Verstärkung solcher Widersprüche bzw. Differenzen zwischen feindlich-negativen Kräften zu richten, durch die sie zersplittert, gelähmt, desorganisiert und isoliert und ihre feindlich-negativen Handlungen einschließlich deren Auswirkungen vorbeugend verhindert, wesentlich eingeschränkt oder gänzlich unterbunden werden.

 

Demotivationsmusik

Albert Aylers fröhliche Philosophie, ein erprobtes Hilfsmittel, um den Tag in der geeigneten Stimmung anzufangen.

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